Donnerstag, 28. April 2011

The way old friends do...

Es ist passiert. Zum allerersten Mal. Eine -sagen wir mal- ziemlich gute alte Bekannte hat sich in eine unserer Herbergen verirrt, um dem Alltag, dem grauen und gar so eintönigen, zu entfleuchen.Da trifft sie auf mich, die Arme. Sucht Entspannung und was bekommt sie?
Gehen wir mal chronologisch vor: Ich sah sie gleich, die langen brünetten Haare, den wohlgeformten Körper und auch die ca. 27 Koffer. Das ist nicht viel für eine Woche Aufenthalt, jedenfalls nicht bei ihr. Ich memoriere Wochenenden an der See, wo sie mehr mit hatte.
An ihrer Seite hibbelt ein blasser Mittdreissiger, Typ Filialleiter einer örtlichen Sparkasse. O Gott, denke ich, jetzt lässt sie sich schon mit dem organisierten Verbrechen ein. Und das, obwohl sie noch ziemlich gut aussieht, dabei muss sie schon recht alt sein, bestimmt 32.
Unsere gemeinsame Zeit, das waren 13 Monate vor etwa 8 Jahren.
Jetzt steht sie vor mir und bei mir macht sich ein wenig Mitleid ob ihres Begleiters breit. Immerhin sind sie nicht verheiratet, entnehme ich den Reservierungsunterlagen - jedenfalls nicht miteinander.
Dann treffen sich unsere Blicke, sie stutzt, schaut nochmal, nochmal, wirkt unschlüssig und versucht ihren Anhang los zu werden, indem sie ihn an die Bar beordert, damit er ihr einen Kir Royal besorge.
"Immer noch Kir Royal?" frage ich scheinheilig.
Neben mir stehen 2 meiner Rezeptionistinnen, deren Ohren immer länger zu scheinen werden, Wissende Blicke wechseln die Besitzerinnen und ich weiss in dem Moment noch nicht, ob ich ein wenig mitspielen und den Ertappten spielen oder Souveränität vorgaukeln soll.
Bevor ihr Maskottchen wieder auftaucht, schiebe ich ihr einen Zettel zu. 20:00. Casinobar. Allein.
Sie ist nicht gekommen.
Immer noch so feige wie damals.
Die Welt ist klein und man trifft sich immer mindestens zweimal im Leben. Klingt abgedroschen, ist es wohl auch, aber auch wahr.
Sie kann froh sein, dass ich nicht vor ihrem Fraggle und dem Personal die Geschichte ihres unrühmlichen damaligen Abgangs erzählt habe.
Aber sie bleibt ja noch ´ne Woche.
Viel Zeit.
Ich glaube, den Urlaub wird sie erstens nicht geniessen und zweitens nie vergessen.
So ist das, wenn man der Vergangenheit plötzlich ins Gesicht schauen muss.
Vielleicht lass ich von unseren Musikern ein Lied für sie spielen, hatte da an "Ich find dich scheisse" gedacht.
Schaunwerma.

Montag, 25. April 2011

Pressekonferenz

Rein wirtschaftlich gesehen, mag ich wohl momentan auf der Sonnenseite des Lebens stehen - dem war nicht immer so und während schwieriger Zeiten habe ich alle möglichen und auch unmöglichen Jobs gemacht, die jedoch -vielleicht macht ja doch alles immer irgendwie einen Sinn- in Japan sehr von Nutzen waren. Wer indes glaubt, ich würde nun von der Epoche als Unterwäschemodel plaudern, der irrt gewaltig, wir reden über Tätigkeiten im Baugewerbe, die einen in der Regel in die Lage versetzen, sowohl Ab-, als auch Aufbauarbeiten fach- und sachgemäss zu verrichten, mit Holz zu gestalten und auch mal ein Dach decken zu können.
Blöd nur, wenn dir ein Nachbeben das am Vortag Errichtete in der Nacht wieder vernichtet; das ist, motivationstechnisch gesehen, sehr kontraproduktiv und auch ungünstig für alle Beteiligten. So fiel mein Vorschlag, die Umzugswilligen in weiter nördlich und einigermassen sicher gelegene Gefilde umzusiedeln, auf weit aufgerissene Ohren, unter Anderem auch bei der internationalen Presse, die ihre Aasgeier ausgesandt hatte, um menschliches Leid in Auflage und somit klingende Münze zu verwandeln, wobei die Transformation dabei nur einseitig funktioniert.
Multifunktional, wie ich nunmal veranlagt bin, übernehme ich gleich noch das Amt des Pressesprechers unseres kleinen Stosstrupps.
Reporter: Was machen Sie hier?
ViaE: Ich dreh mir ´ne Zigarette, das sieht man doch.
Reporter: Ja, aber, äh, ich meinte doch-
ViaE: Mal nicht stottern, junger Mann...und sag deinem Kamerafuzzy, dass der Letzte, der mich ungefragt fotografiert hat, 6 Monate brauchte, um wieder laufen zu lernen.
Reporter: Keine Fotos?
ViaE: Keine Fotos.
Reporter: Gut, reden wir mal-
ViaE: Keine Reden. Taten. Ich will Taten sehen. Schliess dich uns an, arbeite mit - danach kannst du eventuell was drüber schreiben. Für welches Schundblatt schreibste denn?
Reporter: Schundblatt? Das verbitte ich mir. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf,-
ViaE: Die Öffentlichkeit kann mich mal. Die Öffentlichkeit sitzt daheim und macht sich Gedanken übers nächste Urlaubsziel, ein neues Auto und den Ölpreis. Achja, und natürlich über das, womit ihr sie füttert.
Ihr seid Teil dessen, was hier passiert ist. Ihr tragt Mitschuld. Die Leute, die sich entschlosen haben, die hiesige Bevölkerung nicht ausreichend zu warnen, sitzen mit deinem Verleger am gemeinsamen Tisch, man lacht gemeinsam, macht Geschäfte untereinander und ansonsten Pläne, wie man das Volk, das dumme, austricksen kann. Du trägst Mitschuld, weil du für sie arbeitest.
Reporter: Aber ich bin doch gar kein Japaner.
ViaE: Wo ist da der Unterschied? Heute bist du hier,morgen vielleicht in Nordafrika, übermorgen in Deutschland oder Frankreich. Das ändert nichts.
Reporter: Aber wir haben schon viele Skandale aufgedeckt.
ViaE: Krumen, die euch hingestreut wurden, von denen, die ihrer Meinung nach nicht genug vom zu verteilenden Kuchen abbekommen haben.
Apropos Kuchen: Ich hab nen Bärenkohldampf und beende hiermit das Gespräch. Und tschüss. Bring mir eine Million von deinem Verlag für die Menschen hier und du darfst hier voll mitmischen und berichten.
Reporter: Yen?

Das war, so ich mich denn recht entsinne und auch erinnere, wo ich kurz mal den Spaten gehoben habe und Harry Hirsch sich aus dem Nipponstaub machte.

So oder so ähnlich erging es übrigens allen...und da waren ´ne ganze Menge, immer auf der Suche nach Geschichten, die Armen. Man hat es schon nicht leicht als Aufklärer der Menschheit...

Samstag, 23. April 2011

Hundert Mann und ein Befehl

Und jetzt ratet mal, wer wohl der Oberbefehlshaber sein mag?
Gut, bevor die Ahnungslosen sich jetzt wieder Unmengen Antidepressiva einwerfen müssen, will ich´s verraten :
Gestern, Karfreitag, haben wir pünktlich drei neue Hotels eröffnet, eins in Wien, zwei in Tirol und die Anzahl der Mitarbeiter ist exakt 100. Hemmungslos wurden die hiesigen Arbeitsämter und Jobbörsen geplündert - Brandschatzen folgt demnächst, sollten sich diese als Nieten erweisen. Entgegen meiner sonstigen Angwohnheit, sämtliche Mitarbeiter selbst auf Herz, Nieren und Fügsamkeit zu testen, musste diesmal aufgrund anderweitiger Verpflichtungen meinerseits darauf verzichtet werden und diese heikle, weil erfolgsbestimmende Aufgabe wurde den entsprechenden Ressortleitern überlassen.
Da bin ich ja mal gespannt...
Und auch ihr dürft noch gespannt auf Berichte über die Japan-Aktion warten, denn momentan weiss ich gar nicht so recht, wo mir der Kopf, der wässrige, steht und ich anfangen sollte mit der Berichterstattung. Unheimlich sauer bin ich grad über diese scheinheilig verlogene Debatte über die möglichen Kosten des Atomausstiegs, die von Interessenvertretern in den Medien lanciert wurde und gleichsam von der Elite unserer Hohlköpfe aufgegriffen wurde.
Ich krieg das Kotzen ob soviel Dummheit.
Eins ist doch wohl klar: Die Zeche zahlt wie immer der Verbraucher und Steuerzahler, also wir alle.
Die 4 grossen Energiekonzerne Deutschlands (wozu war gleich nochmal das Kartellamt da?) werden keinen müden Cent weniger verdienen und gewerbliche Abnehmer, die um eine eventuelle Chancenungleichheit im internationalen Wettbewerb fürchten müssen, was nebenbei gesagt völliger Quatsch ist, bekommen grosszügige Rabatte eingeräumt.
Es wird mal wieder schön abgelenkt, die Menschen in den Notunterkünften rund um Fukushima, die zum materiellen Verlust auch noch den ihrer Heimat zu beklagen haben, bedanken sich herzlich.
Huch, jetzt ist mir doch glatt der oberste Hemdknopf abgesprungen. Nee, wie sieht denn das aus?
Und das einem Deutschen in Österreich, der mitunter auch als die fleischgewordene Rache für Andre Heller und Hansi Hinterseer betitelt wird.

Montag, 18. April 2011

GREEN, GREEN GRASS OF HOME

Wenn ich ehrlich sein soll (und flunkern darf ich hier ja nicht, der Feind liest mit^^), bin ich froh, wieder auf einigermassen stabilem und relativ unverstrahltem Terrain zu sein. Die letzten 3 Wochen hatten´s in sich.
Ich glaube, jeder kann sich wohl vorstellen, wie kompliziert es ist, eine derartige Aktion zu planen, organisieren und dann letztendlich auch durchzuführen, wenn man eben nicht über die entsprechende Logistik verfügt. Die bestellten Jeeps waren nicht da, unsere Handies funktionierten nur bedingt, Akkus für die Walkie-Talkies waren nicht aufzutreiben, wegen der vielen Nachbeben zogen wir es vor, im Freien unsere Zelte, die leider erst am 3. Tag nachkamen, weil sie den Weg nach Shanghai genommen hatten (natürlich mit dem Rest der Fracht) aufzuschlagen.
Während die internationale Presse aus ihren sicheren Hauptstadtbüros lapidar mal eben jeden 2. Tag ein Nachbeben meldete, suche ich gerade nach einer geeigneten Möglichkeit, ein Beben der Stärke 7 (und davon gab´s reichlich), anschaulich zu schildern, es will mir aber beim besten Willen kein adäquater Vergleich einfallen. Das muss man erlebt haben.
Diese Nachbeben und auch die reale (nämlich nah am Reaktor), sowie die zu erwartende radioaktive Verstrahlung (im Rest der Region) haben uns unsere Pläne überdenken lassen und wir sind zum Entschluss gelangt, einen Grossteil des Geldes für die Anmietung von Häusern und Wohnungen in "sicheren Gebieten" zu verwenden, wo die überlebenden Hinterbliebenen fortan wohnen werden. Eine Jahresmiete plus Mobiliar wurde aus dem Spendenfonds gezahlt, gegebenenfalls noch vorhandene Gegenstände auf LKW´s (die nebenbei gesagt schwieriger zu bekommen waren als eine Audienz beim Papst) verfrachtet und die neuen Heimstätten ein- und hergerichtet.
Das haben wir mit 32 Familien so gemacht. Ich überlasse es eurer Vorstellungskraft, wie schwierig sich so etwas gestaltet, wenn man max. 2 LKW´s zur Verfügung hat. Gottseidank waren wir ja 7 Leute und es fanden sich auch vor Ort willige Helfer, von denen, das sei doch kurz mal erwähnt, kein einziger Geld oder sonstige Gegenleistung forderte.
An dieser Stelle möchte ich mal kurz auf eine per Email gestellte Frage eingehen:
Aufgrund meiner früheren Tätigkeit habe ich auch heute noch allerbeste Verbindungen zu allen möglichen Firmen und auch Privatleuten, die in irgendeiner Form eng mit dem Musik- und Veranstaltungsbusiness verbunden sind. Die durften sich ab einer Summe von 50.000 Euro oder ersatzweise 70.000 USD donierend beteiligen. Ich habe weder die Möglichkeiten, noch die Lust, Tausende von Kleinspenden (die das Land sicherlich braucht und die auch sehr willkommen sind, alerdings nicht bei mir) zu verwalten. Die Einrichtung eines Spendenkontos allein ist schon eine Herausforderung, da man sowas in unseren Breiten, sofern man denn Spendenquittungen ausstellen soll, nicht so einfach tun kann. Daher habe ich den Weg über ein entsprechendes Konto in einem Drittland gewählt, wo man das nicht so eng sieht.
Durch die doch alles in allem recht ordentliche Vorbereitung der ganzen Aktion ist genug Geld zusammen gekommen, um effektiv helfen zu können.
Ausserdem lehne ich (und meine Mitstreiter ebenso) jegliche Publicity in diesem Zusammenhang ab.
Keine Firma wird jemals namentlich genannt werden, lediglich in privaten Blogs oder FB-Accounts o.Ä. darf darüber berichtet werden, allerdings mit oben erwähnten Auflagen.
Wir haben auch vor Ort sämtliche Interview-, Reportage- und Filmwünsche strikt abgelehnt.
Wir haben genug Geld gehabt, um unser Ziel, nämlich den Angehörigen unserer Freunde und Kollegen effezient helfen zu können, Realität werden zu lassen. Das war keine PR-Aktion, weder für uns selbst, noch für irgendwelche Unternehmen.

Das soll´s soweit erstmal für heute sein, die nächsten Tage werde ich aber mit Sicherheit noch ein bisschen berichten, z.B. von Dädlöf aus Dräsdön, der für Grünfrieden unterwegs war und sich wohl etwas zu lange an der Strahlenquelle aufgehalten haben muss, wollte er uns doch weismachen, die von ihm gemessenenen Werte seien lebensbedrohlich (da waren wir etwa 350 km vom Reaktor entfernt und Dädlöf aus Dräsdön lief dort schon ´ne Woche ohne Schutzkleidung rum).

Dädlöf (aus Dräsdön) und welche obskuren Blüten Massenarbeitslosigkeit sonst noch treibt, jede Menge andere "Experten", ein Polizist, der allen Ernstes einen Führereschein von mir sehen wollte - das alles gibts nur hier.
Demnächst.